Mängelrechte vor Abnahme beim Bauvertrag oder Werkvertrag

von | 14. Juli 2017 | Gesetze

Mängelrechte können beim Bauvertrag oder Werkvertrag unter ganz bestimmten Umständen auch bereits vor der Abnahme erfolgreich geltend gemacht werden. Dies hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe im Januar 2017 entschieden. Der folgende Beitrag stellt dar, unter welchen Umständen Mängelrechte vor Abnahme geltend gemacht werden können.

Grundsatz: keine Mängelrechte vor Abnahme

Bei Streitigkeiten am Bau stellt sich oft die Frage, ob der Bauherr den Bauunternehmer bereits vor der Abnahme auffordern kann, Mängel zu beseitigen. Bislang galt der Grundsatz, dass Mängelrechte vor der Abnahme nicht erfolgreich durchsetzbar sind. Zu den Mängelrechten bei einem Bauvertrag gehören nach § 634 die Nacherfüllung, Selbstvornahme (Mangel selbst beseitigen und Kostenerstattung der Mehraufwendungen) oder der Schadensersatz. Auch der Rücktritt und die Minderung sind Mängelrechte.

Solange keine Abnahme erfolgt ist, konnte man bislang keine Mängelrechte durchsetzen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH ist dies nun unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Grundsatzurteil des BGH

Die BGH-Richter des 7. Senats haben entschieden (Urteil vom 19.01.2017 Az. VII ZR 193/15), dass Mängelrechte bereits vor der Abnahme geltend gemacht werden können, wenn sich das Vertragsverhältnis von dem Erfüllungsverhältnis in ein reines Abrechnungsverhältnis umgewandelt hat. Ein Abrechnungsverhältnis liegt vor, wenn die gegenseitigen Ansprüche nur auf Geld gerichtet sind.

Abrechnungsverhältnis bei Verlangen nach Kostenvorschuss?

Sofern man den Kostenvorschuss für die Selbstvornahme bzw. Ersatzvornahme ohne bzw. vor Abnahme verlangt, begründet das allein noch kein reines Abrechnungsverhältnis. Hinzutreten muss noch, dass der Auftraggeber ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, dass er unter keinen Umständen mehr mit dem Auftragnehmer, der ihm das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht hergestellt zur Abnahme angeboten hat, Zusammenarbeiten will.

Fazit

Auch nach dem Urteil des BGH bleibt es beim Grundsatz, dass vor der Abnahme keine Mängelrechte durchsetzbar sind. Selbst eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist nicht durchsetzbar. Man kann den Unternehmer lediglich auffordern, die (nach-)Erfüllung durchzuführen. Das bedeutet, dass er aufgefordert wird, die Leistung (Herstellung des vereinbartes Werkes) zu erfüllen.

Bei Fragen rund um das Baurecht, Bauvertrag, Werkvertrag oder Mängelrechte beim Bau berate und vertrete ich Sie gern.

Ihr Rechtsanwalt Markus Erler

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