Zeugen haben ab sofort Pflicht zum Erscheinen bei der Polizei

von | 15. September 2017 | Gesetze

Die Strafprozessordnung (StPO) wurde kürzlich in einigen Bereichen reformiert und dabei gravierend verändert. Nach dem „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“, welches am 24.08.2017 in Kraft trat, sind Zeugen zukünftig verpflichtet, auf eine Ladung der Polizei zur Vernehmung zu erscheinen und auszusagen, wenn der Vernehmung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Bislang galt eine Erscheinungspflicht für Zeugen nur bei staatsanwaltlichen Vernehmungen oder bei Vernehmungen durch das Gericht bzw. den Richter.

Vorteile der Beauftragung eines Anwalts zur Begleitung bei einer Vernehmung bei der Polizei

Gerade für den Fall, dass man zunächst „nur“ zur Vernehmung als Zeuge von der Polizei geladen ist und entsprechend der Neuregelung in § 163 Abs. 3 bis 7 StPO auch erscheinen muss, gibt es aus der Erfahrung heraus oftmals Fälle, dass der Zeuge unter Umständen selbst (auch) hinsichtlich einer Straftat verdächtigt ist und insofern ein Aussageverweigerungsrecht hat, weil sich der Zeuge nicht selbst belasten muss. In einem solchen Fall ist eine Teilnahme eines Rechtsanwaltes an einer solchen polizeilichen Vernehmung äußerst ratsam. Der Rechtsanwalt kann dann darauf hinwirken, dass das Aussageverweigerungsrecht des Zeugen auch eingehalten wird und dieser keine Fragen beantwortet, die dem Zeugen in einem späteren Strafverfahren, wo der Zeuge dann Beschuldigter oder Angeklagter ist, „auf die Füße fallen“ könnten. Nur so kann professionell bereits präventiv für ein möglicherweise später folgendes Strafverfahren gegen den Zeugen, der dann zum Beschuldigten/Angeklagten wird, eingewirkt werden.

Weitere Änderungen in der Strafprozessordnung

Weitere Neuerungen der StPO-Reform sind insbesondere die Möglichkeit der Bestellung eines Pflichtverteidigers bereits im Ermittlungsverfahren (§ 141 Abs. 3 StPO), die Möglichkeit der Online-Durchsuchung (Infizierung informationstechnischer Systeme wie Computer, Handy, Tablet mittels Schadsoftware, um Zugriff auf die dort gespeicherten Daten zu erhalten) als schwerster Ermittlungseingriff in der StPO (§ 100b StPO) sowie die statthafte Verwertung sog. Beinahetreffer aus DNA-Reihenuntersuchungen (81 h StPO).

keine richterliche Anordnung bei Blutprobenentnahme mehr erforderlich

Ferner besteht für die Entnahme einer Blutprobe bei Verdacht einer rauschbedingten (Alkohol oder Drogen) Straftat im Straßenverkehr (nur bei: § 315 a Abs. 1 Nr. 1, 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, § 316 StGB) kein Richtervorbehalt mehr, d.h. es ist keine richterliche Anordnung der Blutprobenentnahme mehr erforderlich, § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO. Nunmehr dürfen also die Staatsanwaltschaft oder die Polizei – anders als bisher – die Blutprobenentnahme anordnen.

Dies ist insofern nachteilig für betroffene Autofahrer, da dieser Richtervorbehalt in der zurückliegenden Praxis – gerade in den Nachtstunden – häufig umgangen wurde, indem nicht einmal ein Versuch der Einholung der richterlichen Anordnung unternommen wurde. Diese verbreitete Praxis der bewussten Umgehung des Richervorbehaltes der Anordnung führte oftmals zu einem – für den Betroffenen günstigen – Beweisverwertungsverbot. Diese Verteidigungsstrategie, der Verwertung der Blutentnahme als Beweismittel zu widersprechen, ist nunmehr nicht mehr möglich, da auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft die Blutentnahme anordnen können.

Ich berate und vertrete Sie in allen Stadien eines Strafverfahrens bei allen strafrechtlichen Delikten.

 

rechtsanwalt markus erler
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Ihr Fachanwalt für Bau- und Architecktenrecht