Es ist kein Geheimnis, dass im Baurecht die Abnahme aufgrund ihrer Rechtswirkungen und somit auch das Abnahmeprotokoll eine große Bedeutung hat. Nicht nur bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme ist den Parteien stets zu raten, ein gemeinsames Protokoll zum Zweck des Beweises bzw. der Dokumentation zu fertigen. Die anwatliche Praxis zeigt, dass sich der überwiegende Großteil der Auftraggaber und Auftragnehmer eines Werkvertrages oder Bauvertrages der Bedeutung der Abnahme bewusst sind und ein gemeinsames Abnahmeprotokoll anfertigen.
Der Auftragnehmer hat ein Interesse daran, dass die vom Auftraggeber erklärte Abnahme dokumentiert ist. Denn die Abnahme, die der Unternehmer im Prozess beweisen muss, ist Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohns. Aus diesem Grund kann man häufig beobachten, dass das Abnahmeprotokoll vom Auftragnehmer gestellt wird. Der Auftragnehmer bringt also zumeist ein von ihm erstelltes Formular zum Abnahmetermin mit.
Insbesondere nutzen die Parteien das Abnahmeprotokoll dafür, den Zeitpunkt der Abnahme sowie festgestellte Mängel zu dokumentieren und den Mangelvorbehalt zu erklären. Über diese Funktion hinaus wird das Abnahmeprotokoll jedoch immer wieder – ob bewusst oder unbewusst – dazu genutzt, andere Punkte zu regeln. Der Beitrag beleuchtet, ob solche weitergehenden Regelungen in einem Abnahmeprotokoll vorteilhaft sind oder eher nicht.
Regelungen im Abnahmeprotokoll als Allgemeine Geschäftsbedingungen
Häufig bringt ein Vertreter des Auftragnehmers ein Abnahmeprotokoll zum Abnahmetermin mit. Dieses Formular ist dann meist per Computer vorgefertigt und wird dann im Verlauf des Abnahmetermines vor Ort ausgefüllt. Die Parteien setzen Kreuzchen an dafür vorgesehenen Stellen, sie tragen die festgestellen Mängel ein oder ergänzen es mit Daten.
Es ist davon auszugehen, dass dieses Formulare mehrfach Verwendung finden, sodass diese als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gelten. Die Klauseln in dem Abnahmeprotokoll unterliegen daher der sog. Inhaltskontrolle ( §§ 307 ff. BGB). Hierbei wird geprüft, ob eine verwendete Klausel den Vertragspartner unangemessen benachteiligt.
Verwendet der Unternehmen sein Abnahmeprotokoll mehrfach, so besteht die Gefahr, dass die eine oder andere darin ausgeführte Klausel unwirksam ist.
Ausschluss von Rechten des Bestellers im Abnahmeprotokoll
Nicht selten kommt es vor, dass die Parteien im Abnahmeprotokoll Streitpunkte regeln (wollen). Die Parteien wollen einer Partei bestimmte Rechte zusprechen oder ggfs. ausschließen bzw. einschränken. Dies ist jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten möglich.
So hatte das OLG Brandenburg jüngst einen Fall zu entscheiden, indem im Abnahmeprotokoll eine Regelung enthalten war, wonach der Besteller keine Restvergütung einbehalten dürfe. Das Gericht entschied, dass die Klauseln im Abnahmeprotokoll AGB sind und damit einer Inhaltskontrolle unterliegen. Weiter führte das Gericht aus, dass die Regelung unwirksam ist. Denn durch das geregelte Verbot eines Einbehaltes wird dem Besteller der von § 641 Abs. 3 BGB gewährte Druckzuschlag genommen. Diese Regelung beschränkt das Zurückbehaltungsrecht und Leistungsverweigerungsrecht (wegen Mängeln). Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung für den Besteller.
Wenn der Besteller Verbraucher ist, wird es also nur sehr schwer möglich sein, dessen Rechte wirksam in einem vorgefertigten Abnahmeprotokoll auszuschließen oder zu beschränken.
Angabe von konkretem Ende der Gewährleistungszeit im Abnahmeprotokoll
Auch kommt es häufig vor, dass im Abnahmeprotokoll von den Beteiligten ein konkretes Ende der Gewährleistungsfrist eingetragen wird. Nicht selten kommt es dabei zu Fehlern bei der Berechnung der Gewährleistungszeit von 5 Jahren ab Abnahme.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer recht aktuellen Entscheidung (Urteil vom 27.09.2018 – VII ZR 45/17) genau mit dieser Frage beschäftigt: ob und wann sich Einträge der Parteien eines Bauvertrages im Abnahmeprotokoll zum Lauf der Gewährleistungsfrist als Vertragsänderung oder redaktionelles Versehen darstellen. Wie nicht anders zu erwarten, sind nach Aussage des BGH Erklärungen im Abnahmeprotokoll auszulegen. Es kommt auf den Einzelfall an.
Häufig geben die Parteien im Abnahmeprotokoll die Gewährleistungszeiträume mit konkreten Daten (Beginn, Ende) an. Dies birgt die Gefahr, dass diese Festlegungen den vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Regelungen nicht entsprechen unf ggfs. unwirksam sind. Eine derartige Regelung hat zwar den Vorteil, dass beiden Vertragsparteien klar vor Augen geführt ist, in welchem Zeitraum Gewährleistungsrechte mit Erfolg geltend zu machen sind. Bei bei der Berechnung und Angabe von Daten ist jedoch besondere Sorgfalt geboten.
Nicht selten kommt es vor, dass die für Bauwerke geltende Gewährleistungsfrist von 5 Jahren um einen Tag zu kurz berechnet und angegeben ist. Meist wird der Tag der Abnahme bei der Fristberechnung fälschlicherweise mitgerechnet.
Allerdings ist festzuhalten, dass nicht jede Abänderung der Gewährleistungsfrist innerhalb eines Abnahmeprotokolls auch automatisch eine Vertragsänderung darstellt. Hierfür muss das Gericht zumindest einmal positiv feststellen, dass die Parteien mit ihren Angaben im Abnahmeprotokoll bewusst von den Regelungen im Vertrag abweichen wollten. Die Prüfung, ob die Vertragsparteien diesen Willen der Vertragsänderung hatten, obliegt also den Gerichten.
Bei vorgefertigten Protokollen macht es daher Sinn, vor dem Eintrag der Daten auf die jeweilige vertragliche Regelung zu verweisen; so kann man erreichen, dass das Gericht eine versehentliche Falschbezeichnung (Falschberechnung) des Zeitraums auch als redaktionelles Versehen wertet.
Fazit
Die Beteiligten in einem Bauvertrag oder Werkvertrag sind gut beraten, im Abnahmeprotokoll weitergehende Regelungen nur in Ausnahmefällen einzuarbeiten. Wenn eine Partei das Abnahmeprotokoll vorformuliert mitbringt, handelt es sich zumeist bei den Klauseln um AGB, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. Jede einzelne Klausel kann man dann darauf überprüfen, ob sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt.
Vor diesem Hintergrund sollten die Vertragsparteien das Abnahmeprotokoll vorrangig (nur) dafür zu nutzen, die festgestellten Mängel zu dokumentieren. Weitergehendere Regelungen im Protokoll könnten nicht diejenigen Rechtswirkungen entfalten, die angedacht waren.
Bei Fragen im Baurecht rund um Themen wie Abnahme, Mängel oder Kündigung berate ich Sie gern.
Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Baurecht Markus Erler
Dieser Beitrag dient allgemeiner Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und erfolgt ohne Gewähr. Eine individuelle Beratung des konkreten Einzelfalles ist damit nicht verbunden. Für den Inhalt wird keine Haftung übernommen. Alle Rechte bleiben vorbehalten.