Die Verjährung des Erfüllungsanspruches ist in der anwaltlichen Praxis im Baurecht…

Festpreisgarantie im Bauvertrag
Potentielle Häuslebauer kennen es: fast jede Baufirma wirbt mit Festpreisgarantie. Bei der Planung und Durchführung eines Bauvorhabens spielt die Finanzierung für beide Vertragsparteien eine herausragende Rolle. Während sich der Bauunternehmer auf eine bestimmte Entlohnung der durch ihn erbrachten Leistungen verlassen will, ist dem Bauherrn viel daran gelegen, im Voraus mit einem bestimmten Finanzierungsaufwand planen zu können.
Mit der sogenannten „Festpreisbindung“ ergibt sich eine Finanzierungsmöglichkeit, mit der nicht nur den Interessen des Bauunternehmers, sondern auch denen des Bauherrn genügt werden kann. Doch bei der Vereinbarung eines Festpreises ist oftmals Vorsicht geboten. Nicht selten bleibt zunächst ungeahnt, welch finanzieller Mehraufwand für die Vertragsparteien (beide) entstehen kann.
Es ist Gegenstand dieses Beitrags aufzuzeigen, welche vertraglichen Risiken mit der Vereinbarung eines Festpreises einhergehen, wann die Vereinbarung eines Festpreises sinnvoll erscheint und auf welche vertraglichen Formulierungen geachtet werden sollte.
Die Festpreisgarantie als Gestaltungsmöglichkeit
Es ist gängige Praxis ein Bauvorhaben zu einem Festpreis ausführen zu lassen. Unter der Vereinbarung eines Festpreises versteht man die vertragliche Vereinbarung zwischen Bauherr und Bauunternehmer, die von dem Bauunternehmer geschuldeten Bauleistungen auch bei unerwarteten Kostenerhöhungen mit einem Pauschalpreis abzugelten. Soweit so gut.
Befristung der Festpreisgarantie – Finanzierungsrisiken für den Bauherren
In der Praxis lassen bestimmte Vertragsklauseln einen den Bauunternehmer begünstigenden Spielraum, sodass – trotz vereinbarter Festpreisbindung – überraschend auftretende Kosten auf den Bauherren verlagert werden können.
Oftmals ist die Vereinbarung eines Festpreises mit einer Befristung dergestalt versehen, dass der Bauunternehmer bis zu einem genannten Termin keine Preisänderungen vornehmen darf, nach Fristablauf aber auf Basis derjenigen Kosten, die der ursprünglichen Kalkulation zugrunde gelegt wurden, eine Preiserhöhung verlangt werden kann. Im Falle einer Überschreitung des vereinbarten Leistungszeitraums ist der Bauunternehmer dazu berechtigt, für zwischenzeitlich gestiegene Materialkosten einen Zuschlag zu verlangen.
Hier steckt der Fehler zumeist im Detail. Denn etliche der diesbezüglichen Klauseln im Bauvertrag sind unwirksam, da nicht transparent genug dargestellt wird, welche Kostensteigerung auf den Bauherrn im Falle des Fristablaufes zukommt. Zu pauschale Formulierungen wie „nach Ablauf der Festpreisgarantie kann der Bauunternehmer den Festpreis angemessen erhöhen“ sind unwirksam und es bleibt somit beim vereinbarten Festpreis. Auch kommt es nicht selten vor, dass die Festpreisbindung wegfällt, wenn die Fertigstellung nicht innerhalb von x Monaten nach Vertragsschluss erfolgt. Der Bauvertrag sieht aber dann Klauseln vor, den Baubeginn von Leistungen des Bauunternehmers abhängig machen. So kommt es häufig zur Situation, dass der Bauunternehmer, ob bewusst oder nicht, den Baubeginn und damit letztlich die Ausführungszeit (teilweise willkürlich) verzögert bzw. nach hinten verschiebt, um so den Ablauf der Festpreisgarantie zu erreichen. Bauunternehmer versuchen so, Mehrkosten geltend machen zu können. Dies gelingt nicht immer.
Preisgleitklausel als Korrektiv
Um eine einseitige Kostenlast zu vermeiden, ist Bauunternehmern oft an der Vereinbarung sog. Preisgleitklauseln gelegen. Einigen sich die Parteien auf die Geltung einer sog. Preisgleitklausel, ist der Bauunternehmer ausnahmsweise nicht an den ursprünglich vereinbarten Festpreis gebunden. Es ist ihm somit möglich, sich vor überraschenden Kostensteigerungen zu schützen und etwa bei einer Preissteigerung des durch ihn zu beschaffenden Baumaterials den geschuldeten Preis anzupassen. Es ist sehr kompliziert, eine rechtswirksame Preisgleitklausel zu entwerfen. Die aller meisten Klauseln sind unwirksam.
Preissteigerung durch Leistungsänderungen
Auch wenn keine Befristung der Festpreisgarantie oder keine Preisgleitklausel vereinbart wurde, kann es trotz des Festpreises zu unerwarteten Kosten für den Bauherren kommen. Viele Bauunternehmer richten ihre Preise nur auf die Grundausstattung bzw. Standardausstattung aus, sodass jede Änderung des baulichen Grundkonzepts zusätzlich berechnet wird. Von der Festpreisbindung ist manchmal nur das anfänglich vertraglich Vereinbarte erfasst, sodass nach Vertragsschluss gewünschte Individualisierungen einen erheblichen finanziellen Mehraufwand bedeuten können. Die vereinbarte Festpreisgarantie gilt nur für diejenigen Positionen, die ausdrücklich in dem Bauvertrag festgehalten wurden.
Einseitige Kostenlast für den Bauunternehmer
Doch nicht nur für den Bauherren kann die Vereinbarung eines Festpreises ein Fass ohne Boden sein. Probleme ergeben sich für den Bauunternehmer insbesondere dann, wenn das für den geschuldeten Bau benötigte Material nicht bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eingekauft wurde, sondern zu Beginn oder während des Baus noch beschafft werden muss. Der durch die Pandemie bedingte Zusammenbruch internationaler Lieferketten bedeutet insbesondere für Holz, Stahl sowie Dämm- und Kunststoffe eingeschränkte Produktionskapazitäten und damit einhergehende Lieferengpässe. Die somit steigenden Materialkosten werden im Falle der Vereinbarung einer vorbehaltlosen Festpreisbindung vollständig dem Bauunternehmer aufgebürdet. Grundsätzlich hat aber der Bauunternehmer das sog. Kalkulationsrisiko.
Dass auch trotz von der Festpreisbindung abweichender Vereinbarungen die vertragliche Preisgestaltung nicht nur für den Bauherren, sondern auch den Bauunternehmer heikel werden kann, zeigt ein Urteil des OLG Brandenburg (Az. 12 U 114/19), dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt: Ein Bauunternehmer wurde beauftragt, dem Auftraggeber gehörende Dachflächen zu sanieren. Neben dem als „Festvergütung“ bezeichneten Vertragspreis, die einer bestimmten „Pauschalvergütung pro Quadratmeter“ entspreche, enthielt der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag eine Regelung zur Vertragsanpassung wegen Kostenänderungen. Nachdem der Bauunternehmer seine Schlussrechnung auf Grundlage einer Abrechnung nach Einheitspreisen aufstellte, unterblieb eine Zahlung des über den Betrag in Höhe der „Festvergütung“ hinausgehenden Rechnungsbetrags. In Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung insistierte der Bauunternehmer, die Vertragsauslegung ergebe eine Pauschalierung des Einheitspreises, nicht aber eine Festlegung einer darüber hinausgehenden Vergütung. Das OLG Brandenburg wies die Klage des Bauunternehmers ab. Bauunternehmer, die nach Einheitspreisen abrechnen wollen, müssten darlegen und beweisen, dass ihr Vertrag eine solche Vereinbarung enthalte, wenn der Auftraggeber behauptet, es sei ein günstigerer Pauschalpreis vereinbart worden.
Fazit
Die Bedeutung der Festpreisgarantie kann insbesondere durch unklare Vertragsformulierungen stark entwertet werden, sodass eine laienhafte Beurteilung dem Bauherren zum finanziellen Verhängnis werden kann. Was auf den ersten Blick nach einer überschaubaren und sicheren Kostenkalkulation klingt, kann ein großes Risikopotential in sich bergen. Bei der Aushandlung des Vertragspreises sollte daher besonders sorgsam auf die gewählten Formulierungen geachtet werden.
Doch nicht nur dem Bauherren, sondern auch dem Bauunternehmer ist viel an einer eindeutigen Gestaltung der Baufinanzierung gelegen. Um im Falle ungeahnter Materialkostensteigerungen nicht enorme Vermögenseinbußen in Kauf nehmen zu müssen, sollte der Bauunternehmer auf eine gerechte Kostenverteilung bestehen. Im Falle gravierender Kostensteigungen verbleibt dem Bauunternehmer die Möglichkeit eine Preisanpassung auf gesetzlicher Grundlage wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zu verlangen. Eine Anpassung des Vertrags kann demnach dann verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien bei Kenntnis der Veränderung den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am Vertrag dem Bauunternehmer nicht zugemutet werden kann. Zwar wendet die Rechtsprechung die Ausnahmeregelung des § 313 Abs. 1 BGB nur sehr zurückhaltend an, bei unvertretbar hohen Preissteigerungen ist eine Anwendung allerdings grundsätzlich denkbar.
Für Fragen rund um die Themen Festpreisgarantie bzw. Festpreisbindung im Bauvertrag sowie anderen Problemkreisen im Baurecht berate ich Sie gern. Nehmen Sie einfach Kontakt zur mir auf.
Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Baurecht Markus Erler
Dieser Beitrag dient allgemeiner Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und erfolgt ohne Gewähr. Eine individuelle Beratung des konkreten Einzelfalles wird dadurch nicht ersetzt. Für den Inhalt wird keine Haftung übernommen. Alle Rechte bleiben vorbehalten.